28 Days Later

7 / 10

Wenn der Mensch zu Frischfleisch wird: Britischer Survival-Horror, der mithilfe eines Virus das Monster im Inneren des Menschen freilässt, sowohl aus der Sicht der Infizierten (wohlgemerkt keine Zombies!) als auch bei einem späteren Teil der Überlebenden. Beängstigend und die große Stärke von 28 Days Later sind die Bilder des leergefegten Londons, durch die sich der zurückgelassene Patient Jim (gut gespielt von Cilian Murphy) bewegt und mit der knallharten Zäsur der Zivilisation das Stadtzentrum als allegorisches Herz eines Menschen eindrucksvoll herauskristallisiert wird. Durch die Straßenzüge bewegen sich ebenso wenig Passanten wie Blutkörperchen in den Venen der Opfer.

Es verbleiben nur noch Chaos, Müll und die verhallenden, unbeantworteten Hallo-Rufe von Jim. Das für ihn und für jeden Menschen völlig surreale Szenario wird vom postapokalyptischen Stück „East Hastings“ von Godspeed You! Black Emperor absolut treffend untermalt. Mindestens genauso erschreckend ist neben dem predatorischen Aspekt des Monsters im Menschen der chauvinistische und leicht patriarchische Part, den Danny Boyle im Zuge einer Sinnlosigkeit des Überlebens später etwas grob anreißt, indem Frauen zum untergeordneten Objekt der Begierde umfunktioniert werden.

Naomie Harris überzeugt als konsequente Überlebenskämpferin genauso wie Brendan Gleeson, doch besondere Erwähnung verdient die kuriose Kameraarbeit: Eine 90er-Fernsehshow-Ästhetik, in der die Personen bewusst nah eingefangen werden, um den Überlebenskampf und die enge Bindung zu den Darstellern zu wahren. Das mit Stille arbeitende Scoring harmoniert dabei schaurig gut mit den Angriffen der Infizierten. Dazu kommt die herrliche, fast durchgängige Schieflage der Einstellungen, die eine aus den Fugen geratene Welt, ein angespanntes Nervenkostüm und das Alptraumhafte der Epidemie nochmals unterstreicht.