erschienen | 06.10.2022 |
Länge | 1 Stunde 46 Minuten |
Genre | Mystery, Thriller, Comedy |
Regie | Ana Lily Amirpour |
Cast | Jun Jong-seo, Kate Hudson, Ed Skrein, Evan Whitten, Craig Robinson |
Drehbuch | Ana Lily Amirpour |
Musik | Daniele Luppi |
Quelle: themoviedb.org
Hypnotische Gerechtigkeit
Ausbruch durch Einbruch in den Verstand. In Mona Lisa and the Blood Moon begleiten die Zuschauer:innen die stoische Koreanerin Mona Lee (Jeon Jong-seo) bei ihrer Flucht aus einer psychiatrischen Anstalt im US-Bundesstaat Louisiana. Mithilfe ihres eiskalten Blicks kann sie sich tief in die Gedankenwelt einer in der Nähe befindenden Person hineinbohren und kontrolliert sie nach Belieben durch ihre Kopf- und Handbewegungen. Im Zuge ihres Entkommens am Tag eines Vollmondes steuert Lee die Metropole New Orleans an und begegnet nach ihrer mental erzwungenen Schlichtung eines Streits vor einem Diner der Stripperin Bonnie Belle (Kate Hudson), die Zeugin ihrer übernatürlichen Kräfte wird. Sie verpasst ihr den titelgebenden Spitznamen und zieht mit ihr durch das Nachtleben der Metropole.
Dabei realisiert die Stripclub-Tänzerin, welche Möglichkeiten sich durch Lees physische Kontrolle für sie offenbaren und beginnt daraus ihren Vorteil zu schöpfen. Parallel ist die Polizei der Koreanerin auf den Fersen und möchten sie gefangen nehmen – es droht die Rückkehr in die Gummizelle. Somit wirkt eine zweite Zwangsjacke bestehend aus Bonnies Machtmissbrauch und der hartnäckigen Verfolgungsjagd, angeführt von Officer Harold (Craig Robinson), auf Mona „Lisa“ Lee ein und muss sich dieser erneut entledigen, um ihren Wunsch nach vollständiger Freiheit näher zu kommen.
Die Regisseurin Ana Lily Amirpour spielt in den nächtlichen Wanderungen durch New Orleans mit dem Ergreifen von Besitz, nicht nur mit Lee und den Menschen, sondern auch mit den Zuschauer:innen und dem Film. Diesen hypnotischen Sog erzeugt sie vor allem mit einem mächtigen Club-Soundtrack, der mit Abstand das Highlight dieses Mystery-Thrillers ist. Von einem Schauplatz zum nächsten werden die Ohren abwechselnd mit basslastigen, verruchten House – eine Suche nach den Liedern auf Spotify stößt auf die üblichen Verdächtigen des Labels Dirtybird – und Disco vom italienischen Musiker Daniele Luppi (Bottin) verwöhnt. Eine Genre-Mischung mit minimalen Lyrics, die sich perfekt in die Handlung sowie die neonverträumten Gassen und Nachtclubs einfügt und mit einem zusätzlichen Metal-Einschlag abwechslungsreich gestaltet ist.
Blickt man jedoch von außen auf diesen Sog, werden auch die Schwächen des Drehbuchs ersichtlich. Jeon Jong-seo spielt die ausgebrochene Koreanerin mit einer zweifelsohne eindrucksvollen, bedrohlichen Präsenz und wandelt mit ihrer Fähigkeit und einem groben, englischen Sprachgerüst durch die Straßen. Doch der Hintergrund ihres Charakters wird hauchdünn gezeichnet und steht im völligen Kontrast zum sehr fetten Schriftgrad des Filmtitels, der auf dem Poster prangt. Das Ganze wird mit einem Einblick in Lees Akte und einem Schnelldurchlauf durch das amerikanische Kabelfernsehen unterfüttert, das sie mit offenem Mund bestaunt. Das mag ausreichen für eine Handlung, in der sich alles um ihre Freiheit und Selbstbestimmung dreht und eine Rückkehr in bisherige, isolierte Verhältnisse absolut ausgeschlossen ist, aber es kommt der Eindruck auf, dass Lee mit den Nebencharakteren durch die Nacht zeitweise orientierungslos umher cruist, während eine fetzende Playlist die Atmosphäre von A nach B transportiert.
Dennoch schafft es die Koreanerin zu einer stillen Superheldin im Untergrund zu avancieren. Auf Basis ihrer visuellen Gedankenkontrolle entfalten sich Konflikte rund um Gerechtigkeit, zu der sich die Comedy problemlos hinzugesellen kann, und Egoismus, der den Charakteren um die Ohren fliegt, ganz nach dem Motto: „Die Straße regelt“. Kate Hudson als zwielichtige Stripperin spielt hier stark auf sowie der von Craig Robinson verkörperte Polizist Harold, die Lee in die Mangel nehmen, auch wenn es handlungsbedingt zu mobilen Ungereimtheiten kommt.
Mona Lisa and the Blood Moon ist ein mit Witz und simpler Fantasie bespickter Thriller im Rausch der Nächte, der am besten funktioniert, wenn man über einige Probleme hinwegsehen kann: Dünne Charakterzeichnungen, ein ironischerweise etwas zu loses Handlungsdesign, ein überschaubares Risiko und manchmal steht das meist stille Auftreten der Hauptdarstellerin Jeon Jong-seo ihr selbst im Wege. Doch der abgedrehte Charme der Atmosphäre, der Schauplätze und des Nachtlebens in New Orleans ist unüberseh- und hörbar. Wer sich von den treibenden Beats und dem knalligen Lichtspiel in den Bann ziehen lässt, wird mit dem hypnotischen Gerechtigkeitsfeldzug und dem Drang nach Freiheit der Protagonistin sicherlich sein Spaß haben. In der Hinsicht fungiert das kritische Auge der Zuschauer:innen wie eine eigens übergestülpte Zwangsjacke, von der man sich befreien muss und was auch im Verbund mit dem Publikum einfacher gelingt. Ein leicht dreister Versuch von Amirpour, der Kritik auszuweichen, aber am Ende steht hier ein abgeklärtes, sehr unterhaltsames Komplettpaket.
Film | Mona Lisa and the Blood Moon |
erschienen | 06.10.2022 |
Länge | 1 Stunde 46 Minuten |
Genre | Mystery, Thriller, Comedy |
Regie | Ana Lily Amirpour |
Cast | Jun Jong-seo, Kate Hudson, Ed Skrein, Evan Whitten, Craig Robinson |
Drehbuch | Ana Lily Amirpour |
Musik | Daniele Luppi |